Freitag, 12. November 2010

Doris Uhlich - Rising Swan

Wenn ich von Doris Uhlich schreibe, so bilde ich mir ein ich müsse starke Wörter verwenden, so etwas wie innbrünstig, oder Wörter die die Kraft von stampfenden Massen wiederspiegeln. Sie ist keine zierliche Frau, das ist ihr Kapital. Sie hat ihre Außenseiterrolle in der Tanzindustrie zu ihrem Markenzeichen verwandelt, ihr Körper entspricht nicht der Doktrin der Neuzeit. no na - wie es im Wienerischen so schön heißt für - eh schon wissen.
Heute ist sie erfolgreich und niemand kann ihr das absprechen. Sie hat zahlreiche ausverkaufte Produktionenn hinter sich, ihr Style ist kein unbekannter. Deshalb war ich auch die erste Hälfte des Stücks eher in einer (er-)wartenden Haltung, sie solle mich doch überraschen. Und dann WUMMM!

Aber zurück zum Anfang.
80er-Rocker-Outfit. Präzise Zeitlupenbewegung am Boden. Dazu ein 80er-Sound. Aufbruch.
Mit der "geloopten" Schrittfolge aus dem Original versetzte sie mich in Trance, durch minutenlanges Trippeln. Der erste Kraftakt, die erste Ausdauerprobe.
Ein Monolog beginnt. Sie präsentiert uns ihre Visionen in deutsch-gefärbtem Englisch. Ein (notgedrungener?) Scherz. Bei mir kommt er gut an, besser als das peinlich bemühte Englisch meiner Professoren auf der Uni allemal.
Sie erzählt von ihren (un)gebrochenen Träumen, und jenen ihrer Mitmenschen, bis hin zu personifizierten Gegenständen. Das Publikum lacht. Es ist eine verdammte Tanzperformance und die Frau bringt uns zum Lachen. Es gefällt und schön langsam wird mein "Warten" abgelöst durch den Aufnehmemodus. Ich bin bereit.

Und dann erschlägt sie mich mit einem ästhetischen Meisterwerk: Sie taucht ihr langes Haupthaar, das sie sonst fast nie offen trägt, in einen Kübel Wasser. Zieht es mit einem (es ist mir nicht möglich, es anders zu nennen als so:) gekonnten Schwung heraus und lässt es in einem großen Bogen nach hinten auf ihren Rücken peitschen. Es ist nicht die erotisierte Vorgeschichte dieser Bewegung, die mich fasziniert. Der Hintergrund ist schwarz, jeder Tropfen ist sichtbar. Die Zeit bleibt stehen und doch ist es nur ein kurzer Augenblick, der im selben Moment auch schon wieder vorbei ist. Adrenalin: ich habs gesehen, ich habs LIVE miterlebt, diese Schönheit, diese Wasserstrahlen. Das ist Theater, so vergänglich.

Klitschnass durch den Rest vom Kübel, den sie sich über den Kopf leert, quatscht sie nun weiter. Im Sitzen, im Liegen, aufrecht, vornübergebeugt - das Wasser durchdringt ihre hautenge Hose, am Po bilden sich kleine Wasserbläschen. Es ist gutdurchdachte Lenkung der Aufmerksamkeit auf den "Makel". Ein Medley wird gesungen, die zuvor vorgetragenen Visionen werden wieder hervorgeholt, verschränkt, zerstückelt, neu zusammengesetzt, es werden Referenzen gezogen. Es macht Spaß.

Sigmund Freud - analyze this!

Mit diesen Worten verabschiede ich mich, auch wenn Doris noch weitertanzte!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen