Donnerstag, 9. Dezember 2010

Karen Köhler - PORNORAMA. Ein Männermärchen

Karen kommt und packt den Sexkoffer aus. Was wir da nicht alles zu sehen bekommen: phallische Gegenstände und Gemüse, eindeutigeres Spielzeug, Bücher und DVDs, ein Glas Milch.
Wir werden also etwas lernen. Sie selbst bezeichnet ihre Show als Lecture-Performance, ist sich dem aber auch nicht so ganz sicher. Monodrama sollte es ursprünglich sein, sie erzählt uns die Entstehungsgeschichte und bringt das ganze so auf eine andere Ebene - der Blick von außen wird der Blick von innen.

Und dann stellt sie uns ihre Assistentin vor, nachdem sie diese einmal aufgeblasen hat:
Lulu - eine kaffeebraune Gummipuppe. Ein Objekt zu dem auch sie sich macht in der Vorstellung ihrer eigenen Person - Körpermaße und -eigenheiten können wir über sie erfahren - bis hin zum Abstand ihrer beiden Tränendrüsen und dem Umfang ihrer Schenkel. Und drei Lustöffnungen hat sie, so wie Lulu auch - und die werden dann auch gleich mal ausprobiert und mit einer Zucchini gestopft.




Das wird anscheinend einem Besucher zuviel und er geht, mit seiner Frau hinterherdackelnd, lauthals sich beschweren, was es nicht für ein Dreck sei. Hat den Programmtitel dann wohl doch mit einem Swinger-Club-Abend verwechselt.



Die Performance ist dadurch nicht gestört. Es stärkt den Zusammenhalt der Zurückbleibenden nahezu. Karen bleibt gelassen. und tanzt mit ihrer Puppe weiter.

Sie bringt uns zahlen und Fakten der Pornoindustrie nahe: 97 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr weltweit. Das ist so viel wie alle großen Internetfirmen gemeinsam. 8 von 10 Klicks finden auf Porno-Websites statt. Und da haben Frauen kaum die Finger im Spiel.

Es ist lustig meistens. Ein Baseballschläger wird herumgereicht - er dient als Analdehnungsgerät in der Industrie.
Die biologische Sinnlosigkeit des weiblichen Orgasmus(es) {how the fuck do you write this?} wird aufgezeigt und hinterfragt.

Es ist aber auch traurig und nachdenklich. Mißbrauchs- und Vergewaltigungsopfer also potentielle Kandidat_innen im pornbusiness. Unterwerfung, Unterdrückung, Machtspiel.



Drogenmissbrauch und hohe Ansteckungsgefahren. Eine durchschnittliche Lebenserwartung bei 37 Jahren unter den hauptberuflichen Pornstars. Ein Video läuft und zeigt uns jung verstorbene Darsteller_innen - Das Band reißt nicht ab, es sind unzählige.

Währendessen verwandelt sie sich selbst in ein Pornsternchen:


Ein schlaues Mädchen die Karen. Sie denkt mit. Mit Humor läßt sich Information auch leichter austauschen. In einer gut gewählten symbolischen Sprache gibt sie viele Elemente des Pornos wieder und hinterfragt die Machtstrukturen dieser männerdominierten Industrie.  

Zum Schluss fragt sie, welche Entwicklung in Zukunft kommen wird. Nach einer historischen Skizzierung der Industrie - ein einziger Ruf nach bigger! harder! more! - bleibt als logische Schlussfolgerung nur noch die Steigerung mittels Gewalt. Sie zeigt uns, was noch möglich ist, schlägt minutenlang auf ihre Assistentin Lulu ein, läßt ihr unter lautem Gefluche die Luft raus. Erschöpft packt sie ihren Koffer und lässt das Publikum eher verstört zurück.

Das mit den Pornos lass ich dann mal für eine Weile.






Gin/i Müller u.a - Who shot the Princess? Boxstop Telenovelas

Eine echte Schauspielerin im brut


Flor Edwarda Gurrola es una estrella. Sie ist ein Star in Mexiko! Und das hat sie uns auch hier in Wien verklickert.
Im autobiographischen Teil des Stücks bekommt man schon mit wer sie ist, auch wenn man sie zuvor nicht kannte. Sie ist ein Prinzessin, und wird er schossen. Mehrmals.

     Flor Edwarda Gurrola





























Sie spielt sich durch die mexikanische Geschichte und wir begegnen:

*Schneewittchen, und dem bösen Jäger (er begleitet die Prinzessinen durch das ganze Stück)

* Carlota, der Frau des Kaisers Maximilian I, das hübsche Bindeglied aus vergangener Zeit zwischen Österreich und Mexiko.

* Frida (Kahlo) am Taco-shop. Gemeinsam mit einer Transfurie, einer Luchadora Libre, einer Luchadora Zapatista.

* Die Schauspielerin die sich in den Telenovelas selbst verloren hat und ausbricht, in den Dschungel der Rebelen

* (laut Abendprogrammheftchen gibts noch einen Teil über die Catrina - die Repräsentatntin des dia de los muertos - aber an den kann ich mich leider nicht mehr erinnern --> zu viel Zeit und fiesta mexicana dazwischen)




Die technische Umsetzung - das Bühnenbild inklusive der Videoeinspielungen - war sehr gut gelungen. Aus den Videos könnte man noch ein wenig mehr herausholen, ein paar Effekte mehr, die Farben pimpen, etc. doch die Dramaturgie und der Schnitt einfach klasse.

Kompliment auch an Sabine Marte, die eigens für das Stück wieder einmal die Musik komponierte und auch als Schauspielerin überzeugt, auch wenn sie das anscheinend nebenberuflich macht. Großartig!


Katia Tirado - my love - sie spielt die verrückte Luchadora.




















Und eines bleibt noch zu sagen:
Las mexicanas saben como se hace fiesta!